Anlässlich des Internationalen Frauentags am 08. März verteilen Gewerkschaften in den Fußgängerzonen der Republik Rosen an Passantinnen als Zeichen der Wertschätzung. Doch kann eine Rose der Bedeutung und den Hintergründen des Weltfrauentages gerecht werden? Nehmen Sie, liebe Lehrkräfte, diesen Tag zum Anlass, mit Ihren Schüler:innen über die Geschichte des Feminismus und den aktuellen Stand der Gleichberechtigung zu diskutieren!
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Ein kurzer Blick auf die Geschichte des Weltfrauentags
Die Idee eines Frauentages stammt aus den USA, wo sich ab Ende des 19. Jahrhunderts in den Arbeiterinnenbewegungen Frauen aktiv für ihre Rechte einsetzten. Die sozialdemokratische Frauenrechtlerin Clara Zetkin führte den Tag in Deutschland ein, wo er 1911 zum ersten Mal stattfand. Im Fokus standen damals insbesondere der Kampf um das Frauenwahlrecht sowie die Gleichberechtigung und die Gleichbezahlung von Frauen.
Und heute? In Mecklenburg-Vorpommern ist der 08. März im Jahr 2023 zum ersten Mal ein gesetzlicher Feiertag. Die Berliner begehen den Weltfrauentag bereits seit 2019 als gesetzlichen Feiertag. Gründe dafür, warum es auch heute noch notwendig ist, über das Thema zu sprechen, sich mit dem Thema „Frauenrechte“ und „Gleichberechtigung“ auseinanderzusetzen, lesen Sie hier:
10 Gründe, den Internationalen Frauentag im Unterricht zu thematisieren:
1. Gewalt gegen Frauen
In vielen Ländern der Welt gehört Gewalt gegen Frauen zum Alltag. So sind zum Beispiel weltweit laut UNICEF 120 Millionen Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen. Auch Kinderehen gehören in vielen Ländern zur Tagesordnung. Geschätzt werden jährlich 12 Millionen Mädchen zur Heirat im Kindesalter gezwungen. Nicht selten werden die Mädchen in den angeheirateten Familien misshandelt und missbraucht. Aber auch in Deutschland sind Frauen nach wie vor von häuslicher Gewalt betroffen. Laut BKA sind 80,3 % der Opfer weiblich. An jedem dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners.
2. Recht auf Bildung und Selbstbestimmung
Frauen überall auf der Welt wird nach wie vor das Recht auf Bildung und Selbstbestimmung verwehrt. In Afghanistan sind Mädchen und Frauen seit der Machtübernahme der Taliban von der öffentlichen Teilhabe ausgeschlossen. Auch der Zugang zu weiterführenden Schulen und Hochschulen ist ihnen untersagt. Im Iran demonstrierten in den letzten vier Monaten tausende Männer und Frauen gegen die öffentliche Hijab-Pflicht und gegen die staatliche Diskriminierung der Frau. Auch in westlichen Ländern sind rückschrittige Tendenzen in der Selbstbestimmung der Frau zu beobachten. In den USA und Polen etwa wurde erst kürzlich das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch stark eingeschränkt.
3. Sexualisierte Gewalt gegen Frauen
Ob unangemessene Blicke, Kommentare zum Aussehen, obszöne Witze und Bemerkungen oder unerwünschte Berührungen – laut einer bundesweiten repräsentativen Studie haben 60 % aller Frauen in Deutschland schon einmal sexuelle Belästigung erlebt. Sexuelle Belästigung ist eine Form der sexualisierten Gewalt, die besonders oft am Arbeitsplatz auftritt. Frauen sind laut der Studie „Strategien im Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit einem Anteil von 13 % mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer.
4. Mediale Darstellung von Frauen
Medien erzeugen Bilder von Weiblichkeit. Ob in der Werbung, in Spielfilmen oder bei Instagram: Rezipient:innen lassen sich durch die dargestellten konstruierten Geschlechterideale beeinflussen und verinnerlichen diese: Eine Frau ist, so wird noch oft genug vermittelt, Ehefrau, Mutter, Hausfrau. Dabei ist sie stets gut gelaunt und attraktiv. Aus dem Vergleich mit diesem Frauenbild resultieren nicht selten Unzufriedenheit und ein geringeres Selbstwertgefühl bei (jungen) Frauen.
5. Gender Pay Gap
Immer noch verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich 18 % weniger pro Stunde als ihre männlichen Kollegen mit vergleichbarer Qualifikation. Die Daten des statistischen Bundesamtes zeigen somit, dass ein wesentliches Ziel der Frauenrechtlerinnen von Beginn des 20. Jahrhundert immer noch nicht erreicht wurde: die gleichberechtigte Bezahlung von Mann und Frau. Am 07. März findet daher jährlich der Equal Pay Day statt, der auf das Problem gesondert aufmerksam macht.
6. Altersarmut bei Frauen
Die Zahlen sind erschreckend: Jede dritte Frau ist nach einer Auswertung des statistischen Bundesamtes auch nach 40 Arbeitsjahren von Altersarmut bedroht. Das bedeutet, dass sie mit einem Netto-Einkommen von weniger als 1.000 Euro pro Monat auskommen muss. Doch woran liegt es, dass die Armutsgefährdungsquote bei Frauen höher ist als bei Männern? Die Gründe sind vielfältig und liegen u. a. darin, dass Frauen ab 30 seltener bzw. in einem geringeren Umfang erwerbstätig sind als Männer, da sie zwecks Kindererziehung oder der Pflege Angehöriger in Teilzeit arbeiten. Zudem sind sie häufiger in Berufen tätig, die schlechter bezahlt sind. .
7. Weniger Frauen in Führungspositionen
Obwohl die Erwerbstätigkeit von Männern und Frauen prozentual betrachtet nicht weit auseinanderliegt (70 % aller Frauen zu 81 % aller Männer), sind Frauen in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert: Obwohl Frauen oft mindestens ebenso gut ausgebildet sind, ist laut dem Statistischen Bundesamt nur jede dritte Führungskraft eine Frau. Das liegt zum einen an den Charaktereigenschaften die Frauen und Männern typischerweise zugeschrieben werden. Zum anderen erfolgt der Aufstieg in die Chefetage meist im Alter von 30 bis 35 – also in dem Zeitraum, in dem Frauen aufgrund der Familienplanung oft nur in Teilzeit arbeiten und somit bei der Besetzung höherer Positionen nicht bedacht werden.
8. Betreuungssituation in Deutschland
Das Betreuungsangebot für die Anzahl der Kinder, für die eine Betreuung benötigt wird, ist zu gering. Die Betreuungslücke zeigt sich besonders deutlich, wenn Kinder den Kindergarten verlassen und in die Grundschule wechseln. Auch wenn der Bund ab 2026 einen gesetzlichen Anspruch auf eine Ganztagesbetreuung plant, wird erst ab August 2029 jedes Kind einen Anspruch auf diese Art von Betreuung haben. Das Problem trifft vor allen Dingen Alleinerziehende, die zum Großteil Frauen sind, wodurch die Lücke in der Betreuungssituation in direktem Zusammenhang mit der (Un-)Möglichkeit der Frauen steht, in Vollzeit arbeiten zu gehen und somit in ausreichendem Maße für das Alter vorsorgen zu können..
9. Internalisierte Rollenbilder
Obwohl wir in Deutschland wesentlich mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern haben als noch vor wenigen Jahrzehnten, zeigt ein genauerer Blick in die Familien, dass die traditionelle Rollenverteilung oftmals noch besteht und sich durch die Pandemie an vielen Stellen sogar wieder verstärkt hat. So haben nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung 69 % der Frauen angegeben, sich während der Pandemie um Kinder und Haushalt gekümmert zu haben. Oftmals bleibt die Person zu Hause und kümmert sich um die Familie, die weniger verdient – und das sind in einem Großteil der Fälle Frauen. Frauen, die nach der Geburt wieder Vollzeit in den Beruf einsteigen möchten, haben oft mit dem direkt oder indirekt geäußerten Vorwurf zu kämpfen, eine „Rabenmutter“ zu sein – das männliche Pendant zu diesem Begriff gibt es im Deutschen nicht.
10. Steuerliche Benachteiligung von Alleinerziehenden
Die Steuerlast, die Alleinerziehende zu tragen haben, ist fast genauso hoch wie bei Familien mit traditionellem Familienmodell (Mutter, Vater, Kind). Das Ehegattensplitting priorisiert die Ehe gegenüber anderen Familienformen und wird auch durch die zu Ausgleichszwecken eingeführte Steuergutschrift für Alleinerziehende nicht aufgewogen. Bedenkt man, dass der Großteil der Alleinerziehenden immer noch weiblich ist, so kann eine Trennung vom Partner dazu führen, dass die Frau in mehrfacher Hinsicht die Leidtragende ist, da sie meist aufgrund ihrer Erziehungs- und Pflegearbeit nur in Teilzeit arbeiten kann, hier einen vergleichsweise hohen Steuersatz zahlen muss und somit weniger für das Alter vorsorgen kann. Dies kann im schlimmsten Fall bedeuten, dass die Betroffenen später dann nur noch ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze beziehen.
Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Feminismus, Equal Pay und spielen in vielen Fächern eine Rolle. Weiter unten haben wir Unterrichtseinheiten zusammengestellt, die unterschiedliche Aspekte des Themas behandeln und direkt im Unterricht eingesetzt werden können.
Quellen:
www.amnesty.de/informieren/aktuell/afghanistan-un-sicherheitsrat-muss-ende-der-misshandlung-von-frauen-und-maedchen-fordern
www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/altersarmut-frauen-101.html
www.fr.de/wirtschaft/altersarmut-frauen-rente-babyboomer-altersvorsorge-armutsgrenze-irene-goetz-interview-91651917.html
www.zeit.de/gesellschaft/2022-06/altersarmut-frauen-rente-existenzminimum
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/318160/umfrage/alleinerziehende-in-deutschland-nach-geschlecht/
www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html
www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/zahl-der-kinder-in-der-kindertagesbetreuung-steigt-weiter-198574
www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/haeusliche-gewalt#:~:text=Demnach%20wurden%202021%20insgesamt%20143.504,f%C3%BCnf%20F%C3%A4llen%20eine%20Frau%20betroffen.
www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/g/genitalverstuemmelung.html
www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61615/kinder-in-tagesbetreuung/
www.bpb.de/themen/gender-diversitaet/frauen-in-deutschland/49400/frauen-in-fuehrungspositionen/
Frauen in Führungspositionen - Statistisches Bundesamt (destatis.de)
www.goethe.de/prj/zei/de/fem/22556586.html
pubertaet.lehrer-online.de/unterricht/wie-ein-maedchen/unterrichtseinheit/ue/wie-ein-maedchen-geschlechterstereotype-analysieren/
www.hna.de/lokales/witzenhausen/frauen-durch-pandemie-in-alte-rollenbilder-zurueckgedraengt-91528004.html
https://hpd.de/artikel/coronakrise-wirft-uns-zurueck-alte-rollenbilder-19068
www.tagesspiegel.de/politik/alte-rollenbilder-sexismus-bedrohung-warum-frauen-in-der-politik-staerker-unter-druck-stehen-201245.html
https://libertine-mag.com/magazin/aktuell-ist-zu-beobachten-dass-sich-traditionelle-rollenbilder-noch-mehr-verfestigen/
www.spiegel.de/politik/deutschland/forscher-entlastung-fuer-alleinerziehende-wiegt-splitting-vorteile-nicht-auf-a-eb002937-9e43-45a4-9bfb-3ae923c77a61
www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/internationale-zusammenarbeit/aktuelles/4752-afghanistan-maedchen-werden-nicht-mehr-lernen-koennen-und-ihre-lehrerinnen-sind-in-gefahr
www.welt.de/politik/deutschland/article192175977/Ehegattensplitting-Verwitwet-alleinerziehend-und-steuerlich-bestraft.html
www.sueddeutsche.de/geld/steuern-worauf-muessen-alleinerziehende-bei-der-steuererklaerung-achten-1.2167079
www.vamv.de/politische-aktionen/kampagne-steuerklasse-ii/kampagne-steuerklasse-ii
www.tagesschau.de/ausland/asien/taliban-frauen-bildung-101.html
https://taz.de/Frauenbilder-bei-Instagram-und-Co/!5565869/
www.tagesschau.de/ausland/asien/iran-frauenrechte-proteste-101.html
www.bmfsfj.de/resource/blob/84316/10574a0dff2039e15a9d3dd6f9eb2dff/kurzfassung-gewalt-frauen-data.pdf
www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/geschlechterdemokratie-342/307453/medien-oeffentlichkeit-geschlechterverhaeltnisse/
https://malisastiftung.org/geschlechterdarstellung-neue-medien/
www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-GenderPayGap/_inhalt.html
www.esf.de/portal/SharedDocs/Meldungen/DE/2022/2022_03_08_gender_pay_gap.html